Eine Oma posiert mit ihrem Enkel und ihrer Enkelin vor der Kamera, die der Enkel auf einem Selfie-Stick vor sich hinhält.
Als wichtige Bezugspersonen können Grosseltern bedeutend am Leben ihrer Enkelkinder teilhaben. Bild: kolinko_tanya / Depositphotos

Viele Grosseltern geniessen ihr Leben aktiv und nehmen sich gerne Zeit für ihre Enkel. Diese besondere Beziehung zwischen den zwei Generationen stellt für beide Seiten eine Bereicherung dar, entlastet die Eltern und stärkt die Familie.

Der erste Viertel des 21. Jahrhunderts ist vergangen und nicht nur die Generation der Millennials, bereits die ältesten der Generation Z bekommen Kinder. Entsprechend müssen sich die jungen Eltern nun an neue Familiendynamiken gewöhnen – dazu gehört auch die Beziehung zu ihren Eltern, die sich mit der Geburt ihrer Enkelkinder in der neuen Rolle als Grosseltern in der Familie finden müssen.

Das klischierte Bild von Grosseltern in beiger Kleidung und primär in der Stube sitzend ist dabei längst überholt. Heute sind Grosseltern hip, junggeblieben und nehmen in ihren Sechzigern und Siebzigern immer noch aktiv am Leben in der Gemeinschaft teil. Inzwischen gehen langsam auch die jungen Babyboomer in Rente, haben somit mehr Zeit für ihre Familie und verbringen sie gerne mit ihren Enkeln. Das freut Eltern, denn nicht nur können sie sich auf die Grosseltern als vertrauenswürdige Kinderhüter verlassen, sondern sie auch bei Herausforderungen im Familienleben um Rat bitten.

Olivier Reber ist Medienverantwortlicher bei Pro Juventute Schweiz. Bild: zVg

Forschungen des Bundesamts für Statistik haben nachgewiesen, dass der Einbezug der Grosseltern ins Familienleben für die Eltern eine grosse Entlastung bedeutet. Gemäss dieser betreuen 40 Prozent der Grosseltern ihre Enkelkinder einmal wöchentlich, wobei sie ihnen viel Zuneigung schenken, oft Ausflüge unternehmen und so wertvolle Zeit gemeinsam verbringen. Die Tatsache, dass Grosseltern heutzutage oft einen aktiven Lebensstil pflegen, steht der Familienzeit nicht im Weg: «Dies führt höchstens dazu, dass sie die Enkel etwas weniger regelmässig, also mal am Wochenende, mal unter der Woche oder spontan, betreuen, jedoch nicht seltener oder weniger gerne», sagt Olivier Reber. Er ist Mediensprecher bei Pro Juventute.

Wertvolle Bezugspersonen

Als Familienmitglieder, und doch als etwas weiter aussenstehende Personen empfunden, stellen Omas und Opas oft wichtige Bezugspersonen für Kinder dar. Auch machen sie sich oft bei den Enkeln beliebt, weil sie in der Regel weniger streng sind als die Eltern. Dies lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass die Grosseltern weniger Verantwortung für die Enkel übernehmen, als sie es einst für ihre Kinder tun mussten, und diese Freiheit auch geniessen wollen.

Wenn jedoch die Grosseltern ihre Enkel etwas zu sehr verwöhnen, kann dies zu Spannungen zwischen den Grosseltern und den Eltern führen. «Es ist wünschenswert, wenn sich die beiden Generationen in Erziehungsfragen ihrer Rolle bewusst sind und die Verantwortung der Eltern respektiert wird», erklärt Reber. Sollten die Grosseltern nicht akzeptieren, dass für das Kind gewisse Regeln gelten müssen, kann erklärt werden, dass es für Kinder verwirrend und stressig sein kann, wenn ihre Bezugspersonen sehr verschiedene Massstäbe festlegen. Diese Tatsache einzusehen kann Grosseltern motivieren, die Wünsche und Regeln der Eltern zu respektieren und selbst durchzusetzen. Solange die Regeln im Elternhaus und bei den Grosseltern nicht zu verschieden seien oder sich gar widersprechen würden, könnten Kinder aber durchaus damit umgehen, dass sie bei den Grosseltern etwas mehr Freiheit geniessen, erklärt Reber. Schliesslich müssen sich die Kinder daran gewöhnen, dass in verschiedenen Kontexten und in verschiedenen Räumen zum Beispiel unterschiedliche Verhaltensregeln gelten.

Für das Wohl der Kinder

Genau was die Erziehung anbelangt, unterschiedet sich die Rolle der Grosseltern davon, wie sie es noch zum Ende des 20. Jahrhunderts war: «Heute bestimmen Grosseltern weniger bei der Erziehung der Enkelkinder mit, können jedoch hilfreiche Tipps geben», führt Reber aus. Durch den Einbezug der Meinung der Grosseltern kann ihre Beziehung zu den Eltern gestärkt werden. Auch in anderen Angelegenheiten können die Grosseltern um Rat gebeten oder auf Familienausflüge mitgenommen werden. Dadurch werden sie als Familienmitglieder wertgeschätzt, statt lediglich als kostengünstige Kinderaufsicht zu agieren.

Heutzutage führen Grosseltern ein aktives Leben, gehen ihren Hobbys nach, begeben sich auf Reisen und sind bewusst Teil der Gesellschaft. Bild: iakovenko123 / Depositphotos

«Damit sich die Beziehung zwischen den Eltern und den Grosseltern möglichst harmonisch gestaltet und auch Meinungsverschiedenheiten gut übersteht, ist offene Kommunikation das A und O.» So können Konflikte verhindert werden, indem Abmachungen, Erwartungen und Bedürfnisse klar und ehrlich mitgeteilt werden. «Wenn es bei Meinungsverschiedenheiten allen Beteiligten bewusst ist, dass es sämtlichen Parteien primär um das Wohl der Kinder geht und sie also am selben Strang ziehen, entsteht auch die Bereitschaft, gemeinsam Lösungen zu finden, die allen passen», schliesst Reber. Wertschätzung und Dankbarkeit seitens der Eltern hilft ebenfalls, den Zusammenhalt der Familie zu stärken und motiviert die Grosseltern, weiterhin für die Familie da zu sein.

Familiär und doch auf Abstand

Als Familienmitglieder, welche die Enkel nicht täglich sehen, übernehmen Grosseltern oft eine wichtige Beobachterfunktion. Als aussenstehende Vertrauenspersonen können sie Anzeichen der Entwicklung der Grosskinder feststellen, neue Muster erkennen oder bemerken, wenn es den Kindern nicht gut geht. Auf diese Weise sind sie nicht nur eine wichtige Bezugsperson für die Enkel, sondern können ihre Beobachtungen ohne Werturteil den Eltern mitteilen und vielleicht sogar mit ihnen besprechen, wie der Nachwuchs noch besser unterstützt werden könnte.

Familienausflüge verbinden die drei Generationen und schaffen wertvolle Erinnerungen. Bild: RonPorter / pixabay

«Kinder profitieren auch vom Wissen und den Geschichten, welche die Grosseltern ihnen vermitteln», so Reber. Viele Omas und Opas schwelgen gerne in Erinnerungen, erzählen davon, was sie in ihrer Jugend erlebt haben und verraten auch Geschichten über die Eltern der Grosskinder. Dadurch, dass sie über die Geschichte der Familie erzählen, würden Grosseltern ihren Enkelkindern bei der Identitätsentwicklung helfen. So verstehen die Kinder ihren Hintergrund und können ihre Identität etwas besser fassen, wenn sie auch über ihre Familie gut Bescheid wissen und erspüren, wo sie sich innerhalb der Familie einordnen lassen.

Die Beziehung auch im Teenie-Alter aufrechterhalten

Wenn die Kinder älter werden, besuchen sie ihre Grosseltern in der Regel immer seltener. Doch lohnt es sich laut Reber für beide Parteien, die Beziehung aufrechtzuerhalten: «Auch ältere Kinder sowie Erwachsene können davon profitieren, ihre Grosseltern immer noch als Bezugspersonen zu haben, und diese freuen sich weiterhin, am Leben ihrer Enkel teilzuhaben.» Um Kinder zu motivieren, mit den Grosseltern in Kontakt zu bleiben, können Eltern ihren Kindern versichern, wie sehr es das Leben der Grosseltern bereichert, selbst wenn sie nur ab und zu mal anrufen.

«Grosseltern hören gerne und in der Regel sehr gut zu, was die Beziehung stärkt und den Enkelkindern zum Beispiel bei Herzschmerz oder Konfliktsituationen im Freundeskreis sehr bestärken kann», sagt Olivier Reber. Durch den Austausch mit ihren Grosseltern können also auch Teenager sich besser unterstützt fühlen und haben eine wertvolle Anlaufstelle, wenn es ihnen nicht gut geht oder sie einen Ratschlag brauchen. Und für die Grosseltern ist es schön, für die Grosskinder da zu sein und sie im Gegenzug vielleicht ab und zu um Hilfe zu bitten, ob im Haushalt oder was elektronische Geräte angeht.